Die nächste Vorstellung beginnt! Was wird das noch jungfräuliche Börsenjahrzehnt bringen? Erinnern Sie sich noch an die Ängste und Befürchtungen, die dem Jahr 2000 entgegengebracht wurden? Vom totalen Computercrash bis hin zu wildesten Weltuntergangsszenarien. Glücklicherweise haben sich die Ängste als unbegründet herausgestellt.

Es war eine aufregende Zeit. Wir Anleger wurden mit zwei Baissen auf die harte Probe gestellt. Wer besonnen handelte und sich vom Mediengetrommel nicht in die Wüste führen ließ, sollte heute finanziell besser dastehen.

Natürlich war es nicht leicht angesichts der überall propagierten Halbwahrheiten und Börsenmärchen. Zu leicht darf es auch nicht sein, denn sonst würde jeder nur noch von der Börse leben und seinen liebsten Hobbies frönen. Die Börse bietet großartige Chancen, aber nur denjenigen, die eigenverantwortlich und besonnen handeln abseits der üblichen Börsenunterhaltungsindustrie.

Die Mehrheit der Anleger beglückt eine kleine Minderheit mit außergewöhnlichen Renditen. Das wird in Zukunft nicht anders sein. Menschliche Verhaltensweisen ändern sich nicht über Nacht. Nur weil man sich zu Sylvester schwört, gesünder zu leben, heißt dass nicht, die nächste Schokolade links liegen zu lassen oder andere Gewohnheiten per guten Vorsatz abzustellen. Deshalb wird auch in Zukunft nur eine kleine Minderheit gut von der Börse leben können. Seien Sie auf der Hut, dass Sie auf der richtigen Seite stehen!

Die lieben Prognosen

Wie oft haben wir in 2009 Schlagzeilen wie „Aktien­märkte vor Korrektur? Vermögensberater raten zur Vorsicht: Rallye könnte gefährlich werden“ gelesen. Die genannte war eine von der milderen Sorte  in der Wochenendausgabe unserer Tages­zeitung im November. Anfang 2009 überboten sich die Medien mit Weltuntergangsszenarien. Crashpropheten hatten Hochkonjunktur. Experten und Wissenschaftler waren sich einig: es geht weiter abwärts!

Und wie lief es tatsächlich an den Aktienmärkten? Schauen Sie selbst:

Sieht man einmal von der allwissenden „im-Nachhinein-Fraktion-wir-haben-es-gewusst!“ ab, haben solche Schlagzeilen einen gewissen Unterhaltungswert, mehr aber auch nicht. In der Regel werden Themen aufgegriffen, die in aller Munde sind und ganz nebenbei die Auflage steigern. Was jeder glaubt und überall geschrieben steht, soll zu außergewöhnlichen Renditen führen? Ich bin da skeptisch.

Trotz der bescheidenen Trefferquote ist der Rat der Analysten heiß begehrt. Ein Münzwurf „Kopf oder Zahl“ wäre die bessere Alternative. Aber letztendlich wird von Analysten, Experten und Instituten Unmögliches erwartet. Wer kann schon die Zukunft vorhersagen? Etwas mehr Bescheidenheit von uns allen wäre angebracht. Ich orientierte mich lieber an dem aktuellen Markt­geschehen. Wie pflegte schon der berühmte Jesse Livermore zu sagen:

Versuchen Sie nicht, die Entwicklung des Marktes vorweg­zunehmen – halten Sie sich einfach nur an die Zeichen des Marktes, an das, was er für Sie bereithält.

Überlegungen zum Börsenjahr 2010

Dennoch mache ich mir gerne Gedanken zur langfristigen Entwicklung. Wer tut das nicht? Das berühmte große Bild. Die Trends der Zukunft. Solange man seine Szenarien einem permanenten Realitätscheck durch den Markt unterwirft, schadet es nicht.

Halten wir fest:

  • 2009 ist die Welt nicht untergegangen
  • Die Aktienmärkte erholten sich kräftig von den Tiefs
  • Die Experten und Analysten lagen in der Mehrheit wieder einmal daneben
  • Es kam in der Realwirtschaft zu außergewöhnlichen Belastungen, deren Auswirkungen uns die nächsten Jahre begleiten werden
  • Aber es gibt Lichtblicke: Rettungsmaßnahmen und Konjunkturpakete verhinderten einen weiteren Absturz der Weltwirtschaft
  • Asien und die Emerging Markets können langfristig zu einem erheblichen Teil zu einer neuen wirtschaftlichen Prosperität beitragen
  • Vergessen Sie Amerika nicht

Der Blick in die Glaskugel

Was prophezeien die Experten für 2010? In meinem Börsendienst hatte ich folgende Überschrift aus dem Handelsblatt vom 9.12.09 zitiert: 2010 wird ein gutes Jahr für die Aktienmärkte
Dazu äußerte ich mich am 13.12.2009 wie folgt:

Ich hoffe, dass ist kein schlechtes Omen für das Jahr 2010. Wer die Prognosegüte der Institute kennt, dürfte eher auf den Wurf einer Münze mit „Kopf oder Zahl“ vertrauen oder antizyklisch gar vom Gegenteil ausgehen. Ich kann nur jedem Anleger empfehlen, offen für die Entwicklung der Märkte zu bleiben und wie wir flexibel zu reagieren. Der Markt gibt die Richtung vor, nicht die Analysten.

Jetzt wo ich über die Feiertage in Ruhe die Presse studieren konnte, möchte ich meine Aussage relativieren. Die Börsenstimmung der Institute und Analysten hat sich tatsächlich gebessert, aber auf relativer Basis. Vor den rabenschwarzen Ausblicken in 2009 erscheinen die Äußerungen euphorischer als sie es tatsächlich sind.

  • Die Prognosen der Experten billigen den Hauptaktienmärkten im Durchschnitt nur etwa 10 Prozent Aufwärtspotential  auf Jahressicht zu
  • Von Euphorie sind wir weit entfernt
  • Insofern ist aus Sentimentsicht reichlich Platz für Übertreibungen – und Märkte neigen zu Übertreibungen!
  • Gehen Sie davon aus, dass die Märkte sich nicht an die Expertenschätzung halten: Es wird demnach kräftig rauf oder runter gehen
  • Das Zünglein an der Waage dürfte die Erholung der Konjunktur und die Versorgung der Märkte mit Liquidität sein (achten Sie auf die Notenbanken und die Zinsentwicklung)
  • Die Unterbewertung der Märkte wurde in 2009 korrigiert. Insofern wird es schwerer, die Renditeperlen in 2010 herauszufischen
  • Dennoch bieten sich aktiven und eigenverantwortlich handelnden Anlegern weiterhin überdurchschnittliche Chancen. Die Baisse hat den Boden dafür bereitet