Unsicherheit überall – so wie immer
Staatsbankrotte, Schuldenkrise, Hyperinflation oder Deflation – Anleger habe es in diesen Zeiten leicht, sich die besten Horrornachrichten herauszupicken. Dennoch wäre es zu einfach, passend zu einem negativen Marktszenario sich nur die schlechtesten Nachrichten zur Bestätigung der eigenen Meinung herauszupicken. Die Lage ist keineswegs so eindeutig – zumindest aus Investorensicht – wie es so mancher Weltuntergangsprophet predigt.
Abbildung oben: Nicht nur der Dow Jones hält sich wacker
Da die negativen Nachrichten die Schlagzeilen beherrschen und dem kundigen Leser hinlänglich bekannt sein dürften, möchte ich ihr Augenmerk auf die erstaunlich guten Unternehmensergebnisse lenken. Hier scheinen die Firmenlenker aus der Krise gelernt zu haben. Die Berichtssaison in den USA überraschte mit positiven Ergebnissen, die die Erwartung der Analysten in rund 70 Prozent der Fälle übertreffen konnte. In Deutschland sieht es bei den Nebenwerten sogar noch besser aus.
Skeptiker könnten einwenden, dass der Gewinnsprung aus Kosteneinsparungen resultiert. Demgegenüber zeigen die Umsatzsteigerungen, dass dem nicht allein so ist. Die berichtenden Unternehmen stehen in der Mehrzahl finanziell auf solideren Füßen als so mancher Staat. Das überrascht nicht, zeigt die Geschichte, dass Staaten mit dem Geld ihrer Bürger nicht verantwortungsvoll umgehen können. Bleiben wir beim Thema: die Bewertungen der Unternehmen sinken trotz der Kurssteigerungen im letzten Jahr. Darüber schwebt das Damoklesschwert drohender Staatpleiten. In welche Richtung wird das Anlagebarometer ausschlagen? Ich bin kein Hellseher, deshalb beobachte ich genau, wie sich die wichtigsten Marktakteure verhalten, und ob sich die Börsen tatsächlich im Einklang mit meinen Überlegungen entwickeln.
Das Zünglein an der Waage sind die vielen unentschlossenen Anleger, die sich noch nicht entschieden haben und mit reichlich Kapital von der Seitenauslinie aus das merkwürdige Treiben verfolgen, sowie die Notenbanken mit ihrem zukünftigen Kurs: moderate Inflationsbekämpfung durch eine straffere Geldpolitik oder Ankurbelung der Notenpresse? Der Spagat zwischen Deflation und Inflation dürfte die größte wirtschaftspolitische Herausforderung dieses Jahrzehnts werden. Ich rechne damit, dass die Notenbanken den Weg des leichten Geldes wählen (müssen). Liege ich falsch mit der Annahme, muss ich meine Investmentpolitik radikal überdenken. Der Markt entscheidet.
Im Nachhinein wird sich der Kursanstieg der Weltbörsen vom 9.März 2009 bis zum 12.März 2010 als einer der größten Irrtümer der Börsengeschichte erweisen. Warum ist das so? Es handelt sich nämlich um eine liquiditätsgetriebene Hausse in einem sekulären Bärenmarkt, der im Oktober 2007 seinen Anfang nahm. Durch die extremen Flutungen der Märkte durch die Notenbanken zu praktisch 0-1 % Zinsen waren alle Marktteilnehmer praktisch gezwungen, diese Liquidität anzulegen. Nach den Bonds und Unternehmensanleihen ging das Kapital selbstverständlich auch in Aktien.
Diese Phase läuft bald aus. Mit dem Beginn steigender Marktzinsen werden die Märkte Tribut zollen müssen. Zyklisch befinden wir uns im Kondratieff-Zyklus Winter, welcher noch lange nicht abgeschlossen ist. Erschwerend kommt hinzu, daß langfristig betrachtet alle Jahre die auf „0“ enden außer 1950 immer markante Tiefs im Jahresverlauf aufwiesen. 2010 ist außerdem im 4-jährigen US Präsidentenzyklus ein markantes Tief bis zum Oktober/November fällig. Sehen wir das Ende der Elliott Wave Welle A vom 9.März bei einem Dow Jones Index von 6469 Punkten, dann haben wir am 11.Januar 2010 mit 10730 Punkten voraussichtlich das Ende der Welle B gesehen. Diesem sollte jetzt der Beginn der abwärtsgerichteten Welle C auf neue zyklische Tiefs in einem Zig Zag folgen. Im besten Fall wird sich ein Flat ausbilden, was einen Kursrückgang auf die im März 2009 erreichten Kurse noch im Verlauf des Jahres 2010 nahelegt. Als Hinweis auf diese ernüchternde Sichtweise darf das extrem niedrige gehandelte Volumen an allen Weltbörsen gesehen werden. Bleiben Sie sehr vorsichtig! Berthold Schmahl