Ein Sparbuch mit 1000 Reichsmark und seine Geschichte
Darf sich der Besitzer heute über ein verspätetes Weihnachtsgeschenk freuen? Nach über sechzig Jahren Zins und Zinseszins sollte da was zusammengekommen sein. Bei drei Prozent Verzinsung hätte sich das Kapital fast versechsfacht, bei vier Prozent verzehnfacht und bei sechs Prozent wären 3.200 Prozent Gewinn aufgelaufen. Die Macht des Zinseszinses. Er sorgt bei Anlegern für Freude, bei Schuldnern für Albträume.
In der Münsterschen Zeitung vom 23.12.2010 habe ich die gleichnamige Geschichte „Schöne Bescherung“ auf der Titelseite gefunden. Ein Mann aus Bottrop habe auf dem Dachboden in einer alten Holzkiste das Sparbuch seiner verstorbenen Mutter gefunden. Vor über sechzig Jahren angelegt wies es ein Anfangsguthaben von 1000 Reichsmark auf.
Das Sparbuch existierte noch. Die Bank rechnete die fehlenden Zinsen hinzu und kam auf unglaubliche… Halt! Wäre da nicht die Währungsreform gewesen.
(1948)Quelle: 1948 Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 147-0739
Als im Juni 1948 die DM-Zeit begann, wurden aus den 1000 Reichsmark schlappe 82 Pfennige. Mit Zins und Zinseszins wurden daraus bis heute rund 5 Euro. Kein gutes Geschäft für den Sparer. Wo ist das Geld geblieben? Der „negative Zinseszinseffekt“ wurde ihm indirekt zum Verhängnis. Der Staat konnte Zins und Tilgung seiner Ausgabenorgien nicht mehr bedienen. Per Währungsreform (Reichsmark in DM) sanierte sich die öffentliche Hand per Dekret. Leidtragende auf der anderen Seite der Bilanz waren die fleißigen Sparer. Nur wenige entkamen der Zwangsenteignung.