Keine Angst, liebe Leser. Nach der Flut von Jahresausblicken möchte ich Sie nicht mit der x-ten Indexprognose beglücken. Am Jahresende werden die meisten Indexprognosen sowieso daneben liegen. Nur Hellseher und Glückspilze können auf Jahressicht eine Punktprognose wagen. Im Grunde wird Unmögliches von den Analysten erwartet. Die richtige Tendenz zu erkennen ist schon ein Kunststück. Die Welt verändert sich täglich.
Nicht alle Ereignisse haben Einfluss auf die Märkte. Manche Geschehnisse können dagegen das Verhalten der Anleger um 180 Grad drehen. Schon ist die sorgfältige Prognose dahin. Seriöse Prognosen werden laufend an der Realität gemessen. Stimmen die Annahmen noch? Wie ändert sich das Ergebnis, wenn bestimmte Ereignisse ihre Wirkung entfalten? Eine permanente Szenarioanalyse („wenn-dann“) ist unabdingbar.
Da ich nicht die Zeit habe, laufend in den Medien meine Markteinschätzung bis hin zu den Prämissen und Handlungsalternativen darzulegen, möchte ich Ihnen hier nur ein paar Gedanken schildern. Gedanken, warum wir an den Aktien- und Rohstoffmärkten den Zenit noch nicht erreicht haben:
- Niedrige Zinsen an den Kapitalmärkten lassen die Investoren händeringend nach lukrativen Anlagealternativen suchen.
- Staatsanleihen sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Staatsverschuldung, Bonitätsherabstufungen und drohende Bankrotte zwingen zum Umdenken. Anlageklassen, in die früher regelmäßig Milliardenbeträge flossen, stehen nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung. Der „Anlagenotstand“ verschärft sich.
- Die Flutung der Märkte mit frischem Geld sensibilisiert Investoren für reale Werte (also eben nicht das Zahlungsversprechen des Staates in Form von Papiergeld). Neben erstklassigen Immobilien, Land und Boden gehören dazu Aktien und Rohstoffe.
- Das Wirtschaftswachstum in China ist ungebrochen. Selbst eine Abkühlung um ein paar Prozent wäre nicht dramatisch. Die Rohstoffnachfrage wäre immer noch beachtlich.
- Einkäufer von Industrieunternehmen berichten über historisch niedrige Lagerbestände bei vielen Rohstoffen. Der Wermutstropfen dabei: dafür sind nicht allein ökonomische Gründe verantwortlich. Die zahlreichen Produktkreationen mir physischer Rohstoffbesicherung erzeugen eine künstliche Nachfrage.
Fazit: Wir sehen langfristig mehr Chancen als Risiken an den Aktien- und Rohstoffmärkten. Eine freundliche Börsentendenz ist natürlich kein Automatismus im Sinne einer Einbahnstrasse, sondern gleicht eher einer Achterbahnfahrt.