Wenn Amerika hustet, bekommen wir eine Grippe. Gemeint ist damit, dass die europäischen Aktienmärkte Kursbewegungen jenseits des großen Teichs überproportional nachvollziehen. In Extremsituationen zeigt sich das besonders deutlich. In der Baisse 2000/03 halbierte sich der DAX, während der breite US-Markt rund ein Viertel verlor. Wir bekamen eine schwere Kursgrippe, Amerika nur einen Hustenanfall.

Mit der Wiederentdeckung der asiatischen Märkte keimte die Hoffnung auf, dass durch eine Verschiebung der Wirtschaftsblöcke sich auch die europäischen Märkte emanzipieren. Genau das Thema hatte ich im Jahr 2007 auf dem Frühjahrsgutachten in Bad Soden behandelt. Auf Basis von technischen Verfahren, Korrelationsanalysen und Plausibilitätsüberlegungen kam ich zu dem Schluss, dass die angezweifelte Abhängigkeit weiterhin besteht. Daran hat sich nichts geändert.

Die US-Börsen vereinen gut 40 Prozent der Marktkapitalisierung aller Börsen. Amerika repräsentiert ein Fünftel der Weltwirtschaftsleistung. China kommt auf etwa 6 Prozent. Natürlich „arbeiten“ aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien und die Emerging Markets daran, die Schwerpunkte zu verschieben. Ob das gelingt, wird die Zukunft zeigen. Auf jeden Fall geschieht es nicht über Nacht, sondern dauert Jahrzehnte. Bis dahin sollte man als Aktionär die Wall Street im Auge behalten.

Der Dow Jones Index ist nicht Amerika. Anleger, die Zeit und Muße haben, finden abseits der großen Indizes ein reichhaltiges Jagdgebiet. Stöbern Sie im Wilshire 5000. Darin enthalten sind mehr als 4000 Firmen mit Hauptsitz in Amerika. Darunter einige, die selbst die Finanzmarktkrise gut überstanden haben.

Fazit: Die Wall Street spielt im internationalen Börsenorchester trotz China & Co. weiterhin eine gewichtige Rolle. Wer dort nicht investieren möchte, sollte zumindest ein Auge darauf haben wegen der latenten Ansteckungsgefahr.