Oder: Warum sich fundamentale und technische Einschätzung bestätigen sollten…
Anfang des Jahres hatte ich auf eine spannende Situation bei dem deutschen Versorger E.ON hingewiesen. Seitdem ist viel passiert. Mit dem Atom-Gau in Japan und der energiepolitischen Wende in Deutschland haben sich die Rahmenbedingungen gravierend verändert.
Die dramatischen Ereignisse im März beendeten den zaghaften Bodenbildungsprozess und schickten die Aktie erneut auf Talfahrt. Kein Mensch konnte ahnen, dass im März eine Atomkatastrophe Japan heimsuchte und in Deutschland die energiepolitische Wende einläutete. Richtige Überlegungen können jederzeit durch überraschende Ereignisse obsolet werden.
Das zeigt wie wichtig ein konsequentes Risikomanagement ist. Selbst bei vermeintlich „sicheren Blue Chips“. Nicht ohne Grund hatte ich ein Stop-Loss bei 21,4 Euro auf Wochenschlusskursbasis (oder enger) empfohlen. Turn-around Spekulationen bergen besondere Risiken. Dafür winkt im Erfolgsfall eine überdurchschnittliche Belohnung.
Wer E.ON unserem finnischen Versorger Fortum (i² investor) vorgezogen hatte und nicht das Stop-Loss bei 21,4 € befolgte (es wurde per Wochenschlusskurs 18. März unterschritten), hat in der Zwischenzeit eine schöne Dividende erhalten, muss sich jedoch mit der Frage befassen wie es weitergeht. Der Bodenbildungsprozess wurde empfindlich durcheinander gewirbelt.
Bevor ich auf die aktuelle Situation eingehe, zitiere ich zum besseren Verständnis die relevanten Passagen der Januar-Ausgabe Nr. 4/2011 (mit den alten Charts):
Auszug aus der Januar-Ausgabe 4/2011
„In dieser Ausgabe möchte ich abseits der Strategiedepots auf eine spannende Situation in der Energiebranche hinweisen.
Fortum
Mit dem finnischen Versorger Fortum haben wir im i² investor ein solides Unternehmen aus der Energiebranche. Mit seiner Dividendenrendite von über vier Prozent und der starken Marktstellung in den nordischen Staaten ein konservatives Investment mit Kursfantasie.
Versorger vor Comeback?
Versorger gelten als defensive Branche. Dass dem nicht immer so ist, mussten E.ON Aktionäre erfahren. Die Aktie fiel in den letzten Jahren von über 50 Euro auf unter 18 Euro. Neben der Finanzmarktkrise lastet der Atomstreit auf der Aktie. Die politisch geforderten Milliardenzahlungen schlagen sich im Unternehmensgewinn nieder.
Die Zahlen liegen auf dem Tisch und sollten im Kurs eskomptiert sein. Das zumindest signalisiert der Chart. Die Aktie sucht seit anderthalb Jahren den Boden. Wenn von Seiten der Politik keine überraschenden Nachforderungen kommen, stehen die Chancen auf bessere Zeiten nicht schlecht.
Rückenwind bekommt E.ON von den Institutionellen, die die Branche wieder ins Visier nehmen. Der Dow Jones Utilities Index bestätigt die These mit einem neuen Hoch. Mit Fortum sind wir im i² investor bereits investiert. Deshalb plane ich keine Aufnahme eines zweiten Versorgers. Aber vielleicht möchte der eine oder andere Leser einen weiteren großen Energiewert seinem Depot beimischen und selbst überwachen? Dann sollten Sie jetzt E.ON ins Visier nehmen und kleine Rücksetzer nutzen.
Abbildung oben: Die Versorger scheinen wiederentdeckt zu werden. Der Index für die US-Versorger hat eine gewisse Vorläuferfunktion.
E.ON befindet sich in einer spannenden Situation. Gelingt die Bodenbildung, ist man relativ früh dabei. Scheitert sie, bewahrt einen ein Stop-Loss vor größerem Schaden. Die Aktie ist ideal für Institutionelle, wenn die Restrukturierung des Konzerns Früchte trägt und sich ein mittel- bis langfristiger Aufwärtstrend etabliert. Dann werden weitere Fonds darauf aufmerksam und verstärken den Trend.
Abbildung oben: E.ON ist deutlich zurückgeblieben. Daraus auf eine „garantierte Aufholjagd“ zu schließen, ist gewagt. Nur wenn die geschilderten fundamentalen Punkte greifen, bekommt dieser Gedanke Substanz.
Ich empfehle bei E.ON ein Stop-Loss auf Wochenschluss-kursbasis bei 21,4 € zu setzen (oder höher, je nach individueller Risikobereitschaft). Im Gewinnfall unbedingt nach oben anpassen.“
[Auszug Ende]
Wie geht es weiter?
Wer das Stop-Loss beachtete befindet sich in einer komfortablen Situation. Der Kopf ist frei für neue Überlegungen. Wie wäre es mit der Alternative Fortum, unserem Strategiedepotwert im i² investor? Der finnische Versorger muss nicht mit den widrigen Rahmenbedingungen kämpfen wie E.on in Deutschland. Fortum ist fundamental gut aufgestellt und erholt sich von den Wirren der Finanzmarktkrise 2008.
Abbildung oben: Fortum im 10-Jahres-Chart auf Monatsbasis
Bei E.on muss sich jeder Anleger die Frage stellen, ob er die Aktie heute kaufen würde. Lautet die Antwort nicht „ja“, sollten die Konsequenzen gezogen werden.
Gibt es Lichtblicke?
Welche negativen Ereignisse, die noch dramatischer sind als die bekannten, könnten die Aktie weiter abstürzen lassen? Der Atom-Gau, die energiepolitische Wende und mögliche Kosten des Atomausstiegs sollten im Kurs enthalten sein.
Zur Vorsicht mahnt der langfristige Abwärtstrend. Solange dieser nicht überwunden wird, kann von keiner erfolgreichen Bodenbildung gesprochen werden. Bei rund 18 Euro bietet das Tief aus 2009 Halt. Es ist eingebettet in eine mehrjährige Konsolidierungszone vor 2004, die eine Schwankungsbreite von rund 20 bis 12 Euro (!) umfasst.
Abbildung oben: E.on kämpft mit dem langfristigen Abwärtstrend
E.on ist ein Paradebeispiel dafür, dass sich fundamentale und technische Einschätzung bestätigen sollten, bevor ein Investment eingegangen wird.
Fazit: Bei E.on wurde der zarte Bodenbildungsprozess durch die dramatischen Ereignisse in Japan und der energiepolitischen Wende in Deutschland vertagt. Die Konsolidierungszone sollte Halt geben. Die Chance einer Bodenbildung besteht. Starke Indizien wären eine Überwindung des eingezeichneten Abwärtstrends bei gleichzeitig aufkommender Kursdynamik unter hohem Volumen (= Institutionelle engagieren sich).