Depotabsicherung

Alternative zu Stop-Loss

Nach starken Kursverlusten stellen sich viele Anleger die Frage, wie man sich davor hätte schützen können – außer einer Depotliquidierung.

Neben dem klassischen Einsatz von Stoppkursen zur Gewinnsicherung bzw. Verlustbegrenzung bietet sich in Deutschland der Einsatz von Verkaufs-Optionsscheinen (Put-Optionsscheine) oder Short-Zertifikaten an. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form des Hedging zur Depotabsicherung gegen Kursverluste.

Beim statischen Hedging wird zu Beginn des Absicherungszeitraumes eine festgelegte Anzahl von Puts gekauft. Verluste bei fallenden Aktienkursen sollen so durch die Gewinne der Put-Optionsscheine gemildert werden.

Aufgrund des „Hebeleffektes“ bei Optionsscheinen ist die relative Wertenwicklung bezogen auf den Kapitaleinsatz deutlich höher als bei den zugrundeliegenden Basiswerten. Eine Absicherung im Verhältnis 1:1 ist jedoch nicht ratsam, da die absoluten Veränderungen niedriger sind.

Faustformel optimale Anzahl

Zur Bestimmung einer optimalen Anzahl an Put-Optionsscheinen kann man sich folgender Formel bedienen:

Anzahl der Optionsscheine= (Abzusichernder Betrag / Kurs Basisinstrument) / Delta*100*Bezugsverhältnis

Der dafür aufgewendete Betrag ist als Versicherungsprämie zu sehen. Kommt es nicht zu dem erwarteten Kurssturz, verlieren die Optionsscheine täglich an Wert. Das Delta misst die Änderung des Optionspreises im Verhältnis zum Basiswert. Ein Delta von -70% bedeutet, dass bei einer Änderung des Basiswertes um eine Einheit der entsprechende Put-Optionsschein um 0,7 Einheiten in die entgegengesetzte Richtung tendiert.

Ein Problem besteht darin, ein aus vielen Einzelpositionen bestehendes Aktienportfolio adäquat abzusichern. Idealerweise müsste jede Aktienposition mit einem dazugehörigen Optionsschein gehedged werden. Da diese Vorgehensweise nicht praktikabel ist, bietet sich für ein „nasdaq-lastiges“ Depot eine Put-Option auf den Nasdaq-Index an. Nur große Einzelpositionen sollten direkt abgesichert werden.

Aus dem Geld

Bei der Auswahl der Scheine ist der Basispreis von besonderer Bedeutung. Möchte der Anleger nur einen geringen Geldbetrag für die Absicherung aufwenden, so muss er Put-Optionsscheine auswählen, deren Basiswert deutlich unter dem gegenwärtigen Kurs- bzw. Indexniveau liegt. Die Scheine sind dann „aus dem Geld“ mit einem entsprechend großen Hebel. Nachteil dabei: Tritt der Kurssturz nicht bald ein, ist der Zeitwertverlust sehr hoch.

Für Spekulanten sind Optionsscheine, die „aus dem Geld“ notieren, besonders reizvoll wegen ihres temperamentvollen Charakters. Sobald der Basispreis nach einer schnellen Kursbewegung erreicht oder überschritten wird, explodiert der Kurs des Scheines. Aber nur dann. Leider funktioniert dieser Mechanismus auch in die andere Richtung. Die Kurschance wird mit einem hohen Risiko erkauft.

Wenn die Volatilität des Marktes zunimmt, werden auch die Scheine teurer – unabhängig von der Kursentwicklung des Basisinstrumentes. Spekulanten winkt hier also noch ein netter Zugewinn. Nur beeilen muss man sich, weil die Volatilitätsspitzen meist von kurzer Dauer sind.

Die beschriebene klassische Möglichkeit der Portfolioabsicherung durch den Erwerb von Put-Optionen erweist sich in der in der Praxis als schwierig. So stehen Optionen mit der gewünschten Laufzeit und Liquidität häufig nicht zur Verfügung. Darüber hinaus kann man aktiv gemanagte Portfolios nicht identisch absichern. Eine Lösung dieses Problems ist der Kauf von OTC-Optionen. Diese sind in der Regel teurer als börsengehandelte Optionskontrakte.

Die Alternative besteht in einer dynamischen Nachbildung. Man bestückt ein Portfolio mit Wertpapieren bzw. Future- und Kassepositionen. Der Investitionsgrad wird dynamisch der Börsenentwicklung angepasst, so dass er dem Delta der gewünschten Call-Option entspricht. Das Delta einer Option beschreibt die Sensitivität des Optionspreises hinsichtlich der Kursänderungen des Basisinstruments.

Da sich das Delta mit der Zeit ändert, ist eine laufende Anpassung des Investitionsgrades erforderlich. Diese Strategie ist prozyklisch, da das Delta eines Calls mit steigenden Kursen größer wird. Der Investitionsgrad erhöht sich bei steigenden Kursen und wird bei fallenden Kursen reduziert.

Die Zero Cost Collar Strategie ist ein solcher Spezialfall. Dabei wird der Kauf von Optionen zur Absicherung durch den gleichzeitigen Verkauf von Optionen mit höherem Ausübungspreis finanziert. Bei einem geringen Kursanstieg partizipiert man voll an der Entwicklung des Basiswertes. Durch diese Konstruktion fallen keine Absicherungskosten an. Ab einem bestimmten Kursniveau nimmt der Anleger dafür nicht mehr an der Wertsteigerung teil (Cap).

CPPI

Eine weitere Variante ist das Constant Proportion Porfolio Insurance Modell (CPPI). Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Strategie zur Absicherung der Wertentwicklung eines Portfolios gegen die Risiken volatiler Märkte. Der Grad der Investition in riskanten Anlageobjekten (z.B. Aktien) wird dynamisch so gesteuert, dass beim Eintreten des größten anzunehmenden Verlustes, der mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird, der Wert des Portfolios am Ende des Absicherungszeitraums noch oberhalb der vom Investor vorgegebenen Mindestgrenze liegt. Bei Schwankungen der Märkte ist daher eine regelmäßige Anpassung des Investitionsgrades notwendig.

Die dynamische CPPI-Absicherungsstrategie reduziert in einem fallenden Markt den Aktienanteil zu Gunsten von Geldmarktanlagen bzw. Rentenpapieren und umgekehrt bei einem steigendem Markt. Mittels Futures kann ein ähnlicher Effekt erzielt werden.

Auf diese Art und Weise lässt sich auch die Verbindung zwischen der Aktienbörse und dem Rentenmarkt erklären. Je schneller die Aktienkurse fallen, desto stärker wird umgeschichtet.

Im Gegensatz zu klassischen Produkten ist die Performance bei steigenden Kursen nicht konstant. Je aggressiver investiert wird, desto höher ist die Partizipation, und umso schneller muss auf Marktveränderungen reagiert werden.

Bei starken und abrupten Marktveränderungen stößt die CPPI-Strategie schnell an ihre Grenzen, da dann die Position nicht rechtzeitig angepasst werden kann. In steigenden Märkten kostet die Strategie fast nichts. In fallenden Märkten stoppt sie sich aus, so dass eine Partizipation an einer späteren Kurserholung nahezu unmöglich ist.

Eine weitere optionsähnliche Variante ist die Best of Two-Strategie. Auch hier werden zwei risikobehaftete Anlageklassen nach festen Regeln ausgetauscht. Für die Wahrung der Chancen bei gleichzeitiger Begrenzung starker Schieflagen ist eine Absicherungsprämie zu zahlen. Die Regelgebundenheit und Unabhängigkeit von konkreten Renditeprognosen sind ein wesentliches Charakteristikum der Best of Two-Strategie. Die „Prognosefreiheit“ schließt jedoch nicht aus, dass der Investor bestimmte Erwartungen und Annahmen hinsichtlich der Erfolgsfaktoren treffen muss.

3 Kommentare
  1. Hallo Marco,

    die Mini-Futures sind natürlich eine weitere Möglichkeit. Mittlerweile gibt es fast für jeden Geschmack Produkte, die für Anleger nutzbar sind. Der weitestgehende fehlende Volatilitätseinfluss dürfte vielen Privatanlegern entgegenkommen wegen der besser kalkulierbaren Bewegung.

    Wer jedoch die Volatilität zu nutzen weiss, hat einen weiteren Verbündeten. Angenommen man sichert sich gegen fallende Kurse zu einem Zeitpunkt ab, wo die Märkte ruhig vor sich hin dümpeln. Bei einer Abwärtsbewegung zieht die Vola (eine wesentliche Preiskomponente für den Put) an. Der Put gewinnt zusätzlich an Wert wegen der steigenden Volatilität.

    Falls die Märkte dagegen dynamisch steigen, nimmt die Vola ebenfalls zu. Die Preiskomponente „Vola“ verteuert den Put, obwohl man auf fallende Kurse gesetzt hat. Natürlich muss man die Verluste aufgrund der „falschen Bewegungsrichtung“ gegenrechnen.

    Das Ganze ist etwas komplizierter als Zertifikate ohne Volaeinfluss. Wer sich aber die Mühe macht diesen Effekt zu nutzen, verschafft sich einen kleinen Vorteil.

  2. Offene Frage: Absicherung mittels Mini Short Futures.

    Neben den im Artiekl erwähnten Absicherungstrategien, wäre auch eine weitere denkbar. Was halten Sie davon z. B. eine Goldposition mittels einem Mini Short Future auf Gold von RBS oder BNP abzusichern?

    Aus meiner Sicht, liegt der Vorteil darin, dass die Mini Shorts keine eingepreiste Vola haben, sich der Preis bei steigender oder sinkender Vola also nicht ändert, sondern nur den Basiswert nachbildet. Zudem sind sie börsengehandelt mit engen spreads, also keine tueren OTC Optionen.

    Der Nachteil liegt natürlich im nicht zu unterschätzenden Emittentenrisiko. Zudem erfodert die Absicherung einen höheren Kapitaleinsatz, da die Produkte einen geringerne Hebel als normale Optionen ausweisen.

    Welche Vor und Nachteile ergeben sich aus Ihrer sicht?