Aktien steigen ewig und andere Märchen

Provisionsmaschinerie

Es ist übrigens ein Märchen, dass Aktienmärkte langfristig immer nur steigen. Dieser Eindruck wird gerne vermittelt, um potenzielle Kunden nicht zu vergraulen. Die Investmentbranche lebt von Umsätzen, Bestandsprovisionen, Ausgabeaufschlägen und weiteren Gebühren – der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Je größer das betreute Volumen und je höher die Umschichtungshäufigkeit, desto lauter klingeln die Kassen.

Langfristig aufwärts – in der richtigen Zeit

Betrachten Sie den langfristigen Chart des Dow Jones Industrial Index. Er ist das wohl berühmteste Börsenbarometer der Welt und repräsentiert die großen amerikanischen Aktiengesellschaften. Auf den ersten Blick erfüllt der Chart den Traum eines jeden Anlegers. Der Index verläuft von links unten nach recht oben.

Dow Jones von links unten nach rechts oben - da übersieht man leicht die unangenehmen Phasen

Im Zeitraum 1896 bis 2007 steigt der Dow Jones von 30 auf über 12.000 Indexpunkte. Eine sagenhafte Entwicklung, die eng mit dem Aufstieg Amerikas zur Welt- und Wirtschaftsmacht in den letzten hundert Jahren verknüpft ist. Selbst die Weltwirtschaftskrise und andere Crashs wurden im Zeitablauf wieder aufgeholt.

Der lange Anstieg „schönt“ die unangenehmen Phasen:

  1. Haussephasen wechseln sich ab mit langjährigen Seitwärtsbewegungen, die ein Jahrzehnt und länger andauern können.
  2. Wer zum Hoch vor der Weltwirtschaftskrise kaufte, musste über 25 Jahre warten, bis der Dow es wieder erreichte.
  3. In der Zwischenzeit hätten die investierten Gelder anders angelegt werden können. Opportunitätskosten werden nicht berücksichtigt.
  4. Der Chart ist eine reine Nominalwertbetrachtung. Die Geldentwertung durch Inflation wird vernachlässigt. So kann selbst eine „Seitwärtsbewegung“ über 20 Jahre, wo der Anleger theoretisch seinen Nominalbetrag zurück erhält, 50% oder mehr an Kaufkraft einbüßen – also in Wirklichkeit viel Geld verlieren.
  5. Regelmäßig finden Indexumstellungen statt. Schlecht laufende Aktien tauscht man gegen bessere aus. Damit zeigt der Index tendenziell ein besseres Bild als die Wirklichkeit der Aktiengrundgesamtheit.

Anfängerglück, Märchenstunde und Provisionsmillionäre

Auf den ersten Blick kann man nur gewinnen mit Aktien. Das gilt für die Provisionsmaschinerie der Banken, Broker und Finanzinstitute. Auf den zweiten Blick sieht es für Privatanleger bitter aus. Nur wenigen gelingt es, in den „richtigen“ Marktphasen überdurchschnittliche Erträge zu erwirtschaften und sie in einer Baisse nicht wieder zu verlieren.

Kurzfristig kann Anfängerglück mit Können verwechselt werden, langfristig zeigt sich die wahre Profession.