Das hat gesessen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hat den umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen begründet mit einer drohenden Schieflage im Weltfinanzsystem. Damit reagiert er auf die maroden Staatsbilanzen unserer Nachbarstaaten.
Natürlich hat auch Deutschland seine Probleme im Umgang mit dem Geld seiner Bürger. Wer immer noch glaubt, dass Staaten mit Steuergeldern verantwortungsvoll wirtschaften, dürfte angesichts der nicht abreißenden Horrornachrichten seine Idealvorstellung von Vater Staat zu Grabe tragen. Ein Blick in die Geschichte belegt, dass es schon immer so war. Die Trennung von Entscheidungsgewalt und Verantwortung begünstigt Fehlentwicklungen. Man darf gespannt sein, was von dem jüngst verkündeten Sparpaket übrig bleibt. Ganz davon abgesehen, ob Sparmaßnahmen angesichts des zerbrechlichen Konjunkturpflänzchens überhaupt der richtige Weg sind.
Mit den jüngsten Staatsanleihekäufen setzt Trichet konsequent den historisch bedeutsamen Richtungswechsel in der EZB-Politik fort. Diese epochale Kehrtwende hatte ich in meinem Artikel „Märkte vor Entscheidung“ entsprechend gewürdigt.
Im Klartext:
- die EZB weicht von ihrem stabilitätspolitischen Kurs ab
- und ist bereit, Ramschanleihen hoch verschuldeter Staaten (z.B. Griechenland, Portugal oder Spanien) als Sicherheit mit bester Bonität zu akzeptieren.
Damit begibt sich die EZB in die Fußstapfen der US-Notenbankpolitik, wogegen sie sich jahrelang gesträubt hat.
Zwar betont Trichet, die Liquidität durch geeignete Maßnahmen dem Markt wieder entziehen zu wollen, aber das dürfte in der Praxis nicht so leicht sein. Er weist zu Recht auf die dringend zu erledigenden Hausaufgaben der Politiker hin. Die EZB kann nur zeitlich begrenzt die Instabilitäten kaschieren. Die Ursachen der Verwerfungen lassen sich dadurch nicht beheben.
Was soll man als Anleger tun? Endgültig alles in Edelmetalle, Land, Immobilien und gute Unternehmen investieren? Substanz statt Papiergeld? Vorsicht, ganz so einfach ist das leider nicht. Es gibt durchaus fundamentale und geldpolitische Entwicklungen, die das von vielen Marktakteuren beschlossene Inflationsszenario durcheinander wirbeln könnte. Darauf gehe ich in einem der nächsten Beiträge ein.
Fazit für heute: der EZB-Richtungswechsel ist keine Eintagsfliege. Als Investor sollte man im Hinterkopf behalten, dass ähnlich wie der „Greenspan-Put“ die EZB alles unternehmen wird, die Märkte zu stabilisieren. Langfristig kann das nur gelingen, wenn die führenden Politiker endlich dem Volk reinen Wein einschenken und gemeinsam die Ursachen bekämpfen. Jedem umsichtig handelnden Kaufmann ist klar, dass man auf Dauer nicht mehr ausgeben kann als man einnimmt.